"Faszination des Fremden: China - Japan - Europa"

Hetjens-Museum. Deutsches Keramikmuseum, Duesseldorf, Germany

01. 11. 2009 - 24. 01. 2010





Devil from Cologne, 167 x 60 x 60 cm, glazed terracotta |© Leiko Ikemura 2004, Photo L. Schnepf, Cologne

Anlässlich seines 100. Geburtstages präsentiert das Hetjens-Museum/Deutsches Keramikmuseum eine große Jubiläumsschau, die dem Aufeinandertreffen von Fernost und Europa in der Zeit vom 17. Jahrhundert bis in die Gegenwart gewidmet ist. Titel der Ausstellung, die vom 1. November bis zum 24. Januar 2010 läuft: "Faszination des Fremden: China - Japan - Europa". Das Ziel der Ausstellungsmacher: Sie wollen zu einer differenzierteren Betrachtung der kulturellen Auswirkungen des Fremden auf beiden Kontinenten einladen, nicht zu einer einseitigen Suche nach ostasiatischen Einflüssen in der westlichen Kultur.

Die Ausstellung gliedert sich in die Themenfelder "Technik", "Religion, Porzellan aus höfischem Besitz", "Chinoiserie", "Japonismus", "Okzidentalismus" und "Exportporzellan". Dazu wurden hochkarätige Ausstellungsstücke aus den wichtigsten Porzellanmuseen Europas entliehen. Zu den Leihgebern gehören das Rijksmuseum Amsterdam, die Dresdener Porzellansammlung im Zwinger, das Pariser Musée Guimet, die Fondation Baur (Genf), das Keramiekmuseum Princessehof (Leeuwarden) und das Groninger Museum (Groningen).
Bildparallelen zwischen Buddhismus und Christentum

Nach der Entdeckung der Seeroute nach Indien durch Vasco da Gama 1498 erschlossen sich den Europäern neue Lebenswelten. Vor allem China und Japan übten einen nachhaltigen Eindruck auf die europäischen Handelreisenden aus. Mit dem rege einsetzenden Handel von Lackarbeiten, Seide, Möbel, Gewürzen, Tee und vor allem Porzellan verbreitete sich in Europa eine Ostasien-Begeisterung, die ab 1650 nicht nur Kunst und Kunsthandwerk, sondern auch Technik, Politik, Philosophie und Theologie erfasste.

Löwenmaske, Porzellan mit Unterglasurdekor
Asahiyaki Löwenmaske, Entwurf Gottfried Wagener, Porzellan mit Unterglasurdekor, Japan, 1887-1896, (c) Tokyo Institut of Technology / INUI Tsuyoshi

Die als "Chinamode" oder "Chinoiserie" bezeichnete Stilrichtung der Kunst hat sich zu einem wichtigen Themenfeld der kunstwissenschaftlichen Forschung entwickelt. Darunter genießt die europäische Keramik, die sich im 18. Jahrhundert eng an die ostasiatischen Vorbilder anlehnte, einen besonderen Stellenwert. So träumte beispielsweise der polnische König und sächsische Kurfürst August der Starke (1670 - 1733) von einem fernöstlichen Arkadien und ließ neben Schloss Pillnitz ein "Japanisches Palais" errichten, das reich mit Porzellan eingerichtet werden sollte. Aus diesem Grund beauftragte er die Meißener Manufakturisten, Einzelstücke seiner Ostasien-Sammlung zu kopieren und sie neben den chinesischen und japanischen Vorbildern im Schloss auszustellen. Der chinesische Kaiser Qianlong (1711 - 1799) schätzte hingegen die europäische Kunst. Er hielt daher seine Hofkünstler an, Möbel, Lackarbeiten, Teppiche und vor allem Porzellan mit europäischen Motiven zu liefern.

Die europäischen Handelskompanien übten bereits im 17. Jahrhundert maßgeblichen Einfluss auf die Gestaltung des ostasiatischen Exportporzellans aus, dem so genannten chine de commande. Anhand von Holzmodellen und graphischen Vorlagen übermittelten die Kaufleute die Gestaltungswünsche ihrer Auftraggeber an die Manufakturen und Werkstätten in Japan und China. Um die Herstellung von Porzellandekoren minderer Qualität einzustellen, bestellte die Verenigde Oostindische Compagnie bei dem niederländischen Porträtmaler Cornelis Pronk (1691 - 1759) Bildvorlagen im chinesisch anmutenden Stil, die den Porzellanmanufakturen in Jingdezhen als künstlerische Anleitung dienten.

Ein wichtiger Teil der Ausstellung ist dem Thema Religion gewidmet. Im Blickpunkt stehen hier die Bildparallelen zwischen Buddhismus und Christentum, die sich beispielsweise in der Ähnlichkeit der Darstellung der Muttergottes und der buddhistischen Heilsfigur Guanyin zeigt. Die Missionierungstätigkeit der Jesuiten wirkte sich auch auf die technische Entwicklung der Keramik aus. Denn die europäischen Patres waren vor allem als Ratgeber und Vermittler naturwissenschaftlicher Kenntnisse aus Europa geschätzt. Diese brachten ihr Wissen auch bei der Herstellung hitzebeständiger Porzellanfarben ein, wie bei der Anmischung des goldhaltigen Purpurs, das in Europa unter der französischen Bezeichnung "famille rose" Berühmtheit erlangte.

Als "Vater der modernen Keramik Japans" gilt bis heute der deutsche Chemiker Gottfried Wagener (1831-1892). Er ebnete Japans Weg zur industriellen Keramikproduktion und leitete die ersten internationalen Präsentationen des Landes auf den Weltausstellungen in Wien (1873) und Philadelphia (1876). Die fast ausschließlich in Japan verwahrten Porzellane Wageners werden mit der Jubiläumsausstellung erstmals in Deutschland zu sehen sein.

Den Abschluss des Ausstellungsrundgangs mit über 100 hochkarätigen Exponaten bilden Werke der zeitgenössischen Künstler Ai Weiwei, Leiko Ikemura und Grayson Perry. Sie werfen mit ihren künstlerischen Positionen Fragen zu Tradition, Globalisierung und kultureller Identität auf und illustrieren die bis heute ungebrochene Faszination des Fremden.

Quelle Text: www.duesseldorf.de

Zur Ausstellung erscheint ein 300-seitiger Katalog mit Farbabbildungen: